Wir wussten, dass dieser Tag kommen musste…
Wir begannen ihn so normal wie möglich. Der Wecker klingelte gegen 5:45 Uhr. Nach dem verlorenen Tag gestern wollte ich schnell duschen und gegen viertel nach sechs bei meiner Kleinen sein, um zu sehen, ob sie schon wach ist. Langschläferin, sehr sympathisch! Also wieder zurück und nochmal kurz hinlegen. Um kurz nach sieben saß sie dann wieder da mit ihrem Fläschchen Milch und startete den Tag. Eine der Nannys zog sie noch an. Gemeinsam gingen wir vor die Tür, wo Mama wartete. Schnurstracks ging es auf sie zu. Der Papa hinterher. Aber Püppi hat nur noch Augen für die Mama. Wie gemein. Kann ich mich einen Tag nicht um sie kümmern, schon bin ich abgeschrieben. Und trotzdem bin ich so glücklich über das Verhältnis der beiden. Ich dackel also brav hinterher.
Kurz nach dem zweiten Frühstück wird Püppi müde und schläft tatsächlich in gewohnter Manier auf meiner Brust ein. Da ist er wieder, dieser schöne Papa-Moment 🙂
Den Nachmittag haben wir mit einer kleinen, spontanen Wasserschlacht mit den Mädels und mit Seifenblasen-Machen verbracht. Bei letzterer Disziplin konnte ich dann als Held meiner Tochter wieder glänzen. Beim letzten Wickeln war sie ganz ruhig und lieb. Als wenn sie es uns nochmal richtig schwer machen wollte. Mit jeder weiteren Stunde wurde Tag „komischer“. Dennoch genossen wir die Zeit zusammen und haben möglichst viel gekuschelt und gelacht. Ganz normal sollte er sein, der letzte Tag. Wie aus dem nichts stand Gladys vor uns und sagte uns, dass ihr Fahrer und eine Nanny Néhémie nun wieder zurückfahren würden. Stille.
Nadine nahm Püppi auf den Arm und drückte sie ganz fest an sich. Ich glaube, wir haben ihr beide das gleiche ins Ohr geflüstert. Dass wir sie lieben und sie immer bei uns ist. Und dass wir sie hoffentlich bald holen kommen werden. „Je t’aime!“ fügte Nadine noch hinzu. Nachdem sie auf meinem Arm anfing zu weinen, nahm sie mir Gladys ab und gab sie der Nanny. Im Nachhinein kann ich das Gefühlte nur schwer beschreiben. Unendliche Traurigkeit trifft es wohl am ehesten. Ich nahm Nadine fest in den Arm und versuchte, Trost zu spenden, was mir unmöglich erschien.
Nüchtern betrachtet, wussten wir, dass dieser Moment kommen musste. Und er gehört dazu oder ist sogar gut, denn ohne diesen Abschied würde der nächste Schritt im haitianischen Adoptionsprozess nicht möglich sein – die Abholreise. Dennoch schmerzt es unendlich, sein Kind die nächste (nicht definierbare) Zeit nicht sehen zu können. Nicht zu wissen, wie es ihr geht. Nicht zu wissen, was sie gerade macht. Immer darauf angewiesen zu sein, dass eine andere Familie im Heim ist und vielleicht einmal ein Bild für uns macht.
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